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Predigt zum Sonntag Okuli, Lesereihe IV, 26.03.2000
(von Tilman Reinecke)
TXT: 1.Petr. 1,18-21
Ihr wißt, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber
oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter
Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten
Lammes. Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde,
aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt
an Gott, der ihn auferweckt hat von den Toten und ihm die Herrlichkeit
gegeben, damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt.
Liebe Gemeinde!
Als der 1. Petrusbrief geschrieben wurde, da war die anfängliche
Begeisterung der Christen gewichen, in der sie die Wiederkunft Christi
mit Spannung erwarteten. In der Gemeinde war der Alltag eingekehrt. Und
mehr noch: Die Anfechtung des Glaubens durch Verfolgung. Das war das Äußere.
Das ist uns nicht unbekannt. Viele sind müde geworden. Warum soll
man sich dem Druck dauernd aussetzen. So war es bei uns in den Zeiten der
DDR. Viele, ja die Mehrheit haben sich dem Druck gebeugt, die Kirche zu
verlassen. Durch zwei Generationen ging das und wir haben heute die Situation,
daß große Unwissenheit über den christlichen Glauben herrscht.
Es ist schwer geworden, vom Glauben zu reden, weil die Worte und Zeichen
des Glaubens nicht mehr verstanden werden. Unrealistisch scheint er zu
sein. Doch er redet von der Mitte unseres Lebens. Doch nicht nur der Druck
aus der DDR-Zeit ist es, der den Glauben gefährdet. Mehr noch als
früher stehen die Menschen unter dem Druck des Geldes. Die materiellen
Sorgen beherrschen das ganze Leben. Und darauf sind viele Sorgen gerichtet,
von denen man heute hört. "Was kann ich mir dafür kaufen?" so
wird gefragt. Das ist der äußere Druck, unter dem der Glaube
steht. Dennoch: Die äußere Anfechtung der ersten Gemeinden war
viel größer, denn es ging oft um Leib und Leben.
Es gibt aber auch eine innere Anfechtung des Glaubens: Der Alltag mit
seinen Sorgen und Mühen, aber auch mit seinen vielen Ablenkungen läßt
uns resignieren. Es ist ein schleichender Zweifel, es ist die Hoffnungslosigkeit,
die uns bedroht und entmutigt, die uns von Gott trennt. Das war schon damals
so. In der Länge der Zeit wurde es schwer, am Glauben zu bleiben,
daß da die alte Hoffnungslosigkeit nach den Menschen griff. Und heute
nach 2000 Jahren ist es nicht viel anders. Es gehört etwas dazu, am
Glauben zu bleiben.
Zu den angefochtenen sind die Worte gesagt: Ihr seid nicht erlöst
mit dem vergänglichen Gold oder Silber, sondern mit dem teuren Blut
Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Das haben wir wohl
früher gelernt, daß es Christi Leiden und Sterben ist, das uns
erlöst. Gut ist es wohl, wenn wir dieses Wissen auch behalten haben.
Nur ist auch das in heutiger Zeit nicht einfach verständlich: Was
ist denn Erlösung und wovon sind wir erlöst? Und Menschenopfer,
das ist ein Begriff aus alter Zeit. Es sind nicht schlechte Taten allein,
sondern der Riß geht tiefer. Es ist schon so: Mit dem Glauben verschwand
vielfach auch die Moral. Wo kein Gott ist, vor dem man sein Tun verantworten
muß, da ist dann auch kein Gebot mehr. Diebstahl gilt ja heute als
ziemlich harmlos. Aber auch der Wert des Lebens wird gering geachtet. Ärger
gibt es eben nur, wenn man erwischt wird. Oft hört man dann den Ruf
nach schärferen Strafen. Aber die hohe Kriminalität von heute
hat innere Gründe. Es gibt keine Orientierung des eigenen Herzens
am Göttlichen. Und eben auch vor den Großen in der Politik macht
es nicht halt, vor denen, die es eigentlich besser wissen müßten.
Aber das unerlöste ist noch etwas anderes: Es ist die gebrochene Welt,
in der wir leben. Silber und Gold, wir wissen, was das ist, genau wie das
Geld: Das sind die Werte, um die sich alles dreht, aber sie erlösen
nicht. Es scheint das Echte, das Unverderbliche zu sein. Nur kann man sich
das Leben dafür nicht kaufen. Am letzten tage unseres Lebens wird
es unwichtig sein, kauft uns nicht frei vom Tod. Man glaubt ja heute gern
der Wissenschaft. Doch gerade die weiß heute, daß nichts ewig
bleibt.
Erlöst seid ihr mit dem Blut Christi. Es ist ein anderes Leben,
ungebrochen und rein, frei von aller Schuld. Und ewig. Das wird heute ja
auch oft übersehen. Es gibt etwas, ehe der Welt Grund gelegt ist.
Christus ist nicht nur in die Welt hineingeboren, sondern sein ewiges Leben
war vor aller Welt da. Gott erscheint uns wohl oft hart und wir leiden
darunter, daß wir ihn nicht sehen, nicht beweisen können. Aber
auch seine Gnade war da, bevor der Grundstein der Welt gelegt wurde, wenn
man so will, vor dem Urknall. Und sie ist über allem, wird auch nach
uns noch sein. In ihr sind wir geborgen. Eine Welt, die nur von Silber
und Gold träumt, die wird ihn ans Kreuz bringen. Da stört Christus
nur die Werbespots, wenn er spricht: "Ihr sollt euch nicht Schätze
sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe
einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie
weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz." Und weil er stört,
darum muß er sein Blut vergießen. Doch ist da ein anderes Leben,
auferweckt von Gott aus dem Tod für uns. Darum: Nicht die Hoffnung
verlieren! Gelassener werden. Es lohnt zu leben und zu glauben, denn unser
Leben ist dem ewigen, ist Jesus Christus verwandt. Und auch das Leben unserer
Gemeinden bleibt in seiner Hand. Jenseits von Not und Sorgen, jenseits
vom Geld und Gut ist eine Wirklichkeit, die uns hält und trägt
und uns erlösen kann, auferwecken aus Zweifel und Resignation zu Hoffnung
und Glauben.
Amen.
Kanzelsegen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre
eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Tilman Reinecke
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