Predigt zum 2. Weihnachtstag, Lesereihe III, 26.12.2010,

(von Tilman Reinecke) 

TXT: Joh. 8,12-16. (Der Text wird während der Predigt verlesen.)

Liebe Gemeinde!

In vielen Texten, die wir zu Weihnachten hören, ist die Geburt Jesu verbunden mit dem Zeichen des Lichtes. Denken wir an die Weihnachtsgeschichte von der Krippe und dem Stall, dann denken wir auch an das helle Licht, das die Hirten umleuchtet, die Klarheit des Herrn. Bei den drei Weisen aus dem Morgenland ist es das Licht des Sterns, der sie führt. Und wir können an Jesaja denken: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht und über denen, die da wohnen im finsteren Lande scheint es hell.“ Und so spielt auch in unseren Gebräuchen zur Weihnacht das Licht eine große Rolle. Kerzen, die die Dunkelheit erleuchten.

Der Evangelist Johannes erzählt keine Geschichte von der Christgeburt, weil er von der Erkenntnis lebt: Jesus Christus ist Gottes Wort, das vor aller Zeit und Welt geboren ist ist. Das Wort, das die Welt ins Leben gerufen hat, ist Christus. Und für ihn ist klar, dass wir ihn, Jesus brauchen, auch seine Art zu leben und zu glauben. Und darum ist das ewige Wort Fleisch geworden und wohnte unter uns. Nur dann kann das Leben erfüllt sein. Und das drückt sich bei Johannes in sieben Worten Jesu aus, die alle denselben Anfang haben: Ich bin das Brot des Lebens. Oder: Ich bin der gute Hirte. Heute wollen wir auf sein Wort vom Licht im 8. Kapitel des Johannesevangeliums hören:

Predigttext: Jesus spricht (zu seinen Jüngern und zu den Pharisäern): Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis von dir selbst, dein Zeugnis (aber) ist nicht wahr. Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisst nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. Ihr urteilt nach dem Fleisch, (d.h., nach menschlichen Maßstäben,) ich beurteile niemand. Wenn ich aber urteile, so ist mein Urteil gerecht; denn ich bin's nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.

Christus ist das Licht, das in die Dunkelheit der Welt leuchtet. Nun könnte man dem erst mal widersprechen: Lieber Johannes, es ist nicht so, wie du damals die Welt gesehen hast. Es ist nicht nur Negatives in der Welt. Es ist doch nicht immer dunkel, sondern da ist ein Wechsel zwischen Licht und Finsternis. Und manchmal erscheint die Welt doch hell und in bunten Farben. Denn das ist doch auch wahr, und wer immer von der finsteren Welt spricht, der macht leicht alles mies und düster, wird selbst ein finsterer Mensch.
Doch stehen die Wörter von Licht und Dunkelheit auch für ganz andere Wahrheiten in unserem Leben. Wir ordnen ja dem hellen die Freude, die Liebe, die Erkenntnis, alles Positive und Schöne in unserem Leben zu. Zur Dunkelheit aber gehören Angst, Leid, Schuld und Tod, alles Negative. Und so erleben wir Licht und Dunkel eben gemeinsam in unserer Seele, in unserem eigenen Leben und Schicksal. Und in diesem Dunkel verlaufen sich die Menschen so leicht. Aber das ist es ja nicht allein. Es ist von der ganzen Welt die Rede, die wir sehen. Leicht können wir sagen, wieviel Finsternis da ist. Das verbindet uns vielleicht mit der Zeit, in der Johannes lebte. Zuweilen ist die Welt schwer auszuhalten. Und es ist auch der Gedanke, dass die Natur gnadenlos ist, in der ein Tier das andere fressen muss, um Leben zu können. und angesichts der Erkenntnis, dass wir im Weltall nur ein Staubkorn sind. Ist das eine gute eine sinnvolle Schöpfung oder ist sie doch eher unheimlich und grausam? Ist sie überhaupt von Gott, oder von einem bösen Wesen geschaffen? So dachten viele zur Zeit des Johannes.
So bringt Johannes die Welt, er nennt sie "Kosmos", auf deutsch "das Geschmückte", mit dem Wort Finsternis in Verbindung. Johannes war ganz hingerissen vom Licht der Liebe, so dass er wohl eher das Dunkle der Welt sah. Auch wenn wir ihm darin widersprechen wollen, bleibt eines wahr: Wir können Licht nicht ohne Schatten sehen und wo wir an das Licht denken, denken wir doch immer mit an die Möglichkeit, dass es auch dunkel sein und bleiben könnte und das Dunkel scheint zu siegen, wenn doch am Ende jedes Lebens augenscheinlich Sterben und Tod stehen, wenn wir so vieles nicht verstehen und gar mit Gottes Willen in Verbindung bringen können. Wir leben in einer gebrochenen Welt und sind selbst gebrochen in unserer Seele. Es ist keine Frage: Wir suchen nach dem Licht. Und das, was wir Menschen suchen, das erscheint als Zeichen zur Weihnacht: Ja wir suchen im Dunkel das Licht: Das Kind, in dem Gott zur Nachtzeit in die Welt kommt, wird erwachsen und spricht: Ich bin das Licht der Welt. Und sofort regt sich Widerspruch bei den Pharisäern, die Jesus zuhören, und zwar juristischer Art: Wie kannst du so etwas behaupten, das kann doch gar nicht wahr sein, weil es nicht zu beweisen ist. das müsstest Du schon mindestens zwei Zeugen mitbringen, wie es vor Gericht üblich ist. Das ist die Welt der Pharisäer.

Wir würden da vielleicht nicht gleich mit juristischen Problemen kommen. Aber Jesus behauptet das einfach mit einem ungeheuren Anspruch: Ich bin! womit will er es beweisen? Es gibt eine Geschichte im Alten Testament, da erscheint dem Mose Gott in einem brennenden Dornbusch, der aber nicht verbrennt. Da fragt Mose nach dem Namen Gottes und Gott antwortet ihm: Ich bin der ich bin. Nichts weniger bedeuten Jesu Worte, weil er sich auf Gott als seinen Vater beruft, mit dem er eins ist. In unserer Welt ist sein Anspruch nicht zu beweisen und man wird Jesus auch dafür als Gotteslästerer ansehen und kreuzigen. Dennoch wird uns ein Weg gezeigt: Wer mir folgt, der wird nicht im Finsteren wandeln sondern wird das Licht des Lebens haben. Wenn wir uns an ihn halten, dann wird es in unserem Dunkel Licht werden.
In einer Welt, in der alles auf Punkt und Komma, auf Euro und Cent abrechenbar sein soll, werden wir das nicht beweisen können, wie man auch den Anspruch von Liebe nicht beweisen kann. Aber wenn wir nach seinem Licht suchen, dann können wir es für uns erfahren. Es kann ein Weg sein, den wir gehen, erleuchtet im Dunkeln auch unseres Leidens, unserer Grenzen und unserer Ängste, erleuchtet durch sein Licht, durch seine Art, mit dem Leben umzugehen, voll Vertrauen, dass trotz aller Geheimnisse Gott an unserer Seite steht. Wir werden getröstet. Und möglicherweise erfahren wir dabei auch Antworten auf unsere lebenslange Frage, wozu wir auf der Welt sind, ja auch, wer wir sind, von Gott gewollt. In der Tiefe unserer Seele, in der Tiefe eines jeden Menschen, da wartet er mit seinem Licht.
Paul Gerhardt drückt es in dem Lied aus, das wir nun singen werden: “Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht‘ wie schön sind deine Strahlen!”

Kanzelsegen: Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.