Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis, Lesereihe III, 25.07.1999(von Tilman Reinecke)TXT: Jesaja 2, 1 - 5 (wird innerhalb der Predigt verlesen.) Liebe Gemeinde! "Schwerter zu Pflugscharen". Das war der Ruf der Friedensbewegung zur DDR-Zeit. Besonders peinlich für die Staatsmacht, weil das Geschenk der Sowjetunion an die UNO die Skulptur eines Mannes war, der sein Schwert umschmiedete. Ein gutes Sinnbild eigentlich für die Organisation der UNO, die leider oft so machtlos war und ist. Friede ohne Waffen. Wie gern sähen wir es, wenn kein Krieg wäre auf Erden, wenn nicht unschuldiges Blut vergossen würde in den Wahnsinnskriegen unserer Zeit. Ein Traum in unserer Welt, die friedlos ist. Weit entfernt sind wir davon, Konflikte gewaltlos zu lösen, nicht nur im Sinne militärischer, sondern auch physischer, familiärer und seelischer Gewalt. Wir kennen das christliche Gebot der Feindesliebe, aber das ist wohl das Schwerste, was es gibt. Was ist, wenn jemand die Hand gegen uns erhebt oder uns seelisch unter Druck setzt? Wir müssen uns wehren! Wir können uns auch nicht die Würde nehmen lassen, indem wir alles dulden. Es geht nicht an, alles hinzunehmen. Es gibt die Abwandlung eines Sprichwortes, die heißt: "Der Klügere gibt solange nach, bis er der Dumme ist". Und so gehen viele Konflikte ihren tragischen Gang, ohne daß jemand das aufhalten kann, das Schlagen und Zurückschlagen. Als Seelsorger erlebt man es oft, daß es so schwer ist zu schlichten, wenn man Konfliktlösungen begleiten möchte. Dennoch spricht uns das Wort an: "Schwerter zu Pflugscharen". Und wenn wir nicht die christliche Botschaft aufgeben wollen, dann soll und muß von dem Traum etwas bleiben, denn es ist so etwas wie ein Traum, von dem Jesaja im 2. Kapitel schreibt: Hören wir auf seine Worte: Dies ist's, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem: Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, laßt uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, laßt uns wandeln im Licht des HERRN! Ja, das ist wie ein Traum: Wörtlich übersetzen wir: "Das Wort,
das Jesaja sah über Juda und Jerusalem." In der Spätzeit
der Tage. Nicht jetzt. Und dann noch ganz unrealistisch: Der Berg Zion,
auf dem die heilige Stadt steht, ist der höchste der Welt. Das wußte
jedes Kind in Jerusalem: Der Ölberg vor den Toren der Stadt ist höher!
Dorthin kommen alle, um die Weisungen Gottes zu hören. Vielfach mißverstanden
wurden solche Worte bis heute. Wir wissen, wie unsicher der Friede im nahen
Osten ist. Um Jerusalem wird erbittert gerungen. Und in den Kreuzzügen
des Mittelalters wollte man Jerusalem erobern, weil man sich als Kirche
Christi dazu im Recht fühlte und viele Menschen kamen dabei um. Was
aber könnten die anscheinend unrealistischen Worte des Jesaja uns
und unserer Welt bedeuten? Es ist der Berg, auf dem das Haus des
Herrn steht. Dort ist das Allerheiligste, das Innerste, die Nähe Gottes.
Und wo man seine Botschaft hört, da kann, da soll es geschehen, daß
es nicht mehr notwendig ist, Kriegführung zu lernen. Gewiß,
für das Volk Israel, da war und ist die Nähe Gottes an das irdische
Jerusalem gebunden und wir sprechen vom Heiligen Land, wo die man die Reste
des Tempels heute noch besuchen kann. Aber Jesus hat vom Tempel noch in
anderer Weise gesprochen, daß sein Leib der Tempel sei, der abgerissen
wird und in drei Tagen wieder aufgebaut. Und in den Evangelien heißt
es, daß der Vorhang des Tempels zerriß, als Jesus starb. Das
Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung, da ist das Allerheiligste.
Und Paulus wird davon sprechen, daß die Christen selbst zum Tempel
für den Geist Gottes werden sollen. Immer aber ist der Tempel, das
Haus Gottes ein äußeres Zeichen für etwas Unsichtbares,
was darinnen verborgen, verkleidet ist. Und dahin geht die Hoffnung: Wenn
die Menschen eines Tages dort Gott erkennen, wahrnehmen und auf seine Stimme
hören können, dann werden die Konflikte zweitrangig, nicht mehr
so wichtig.
Kanzelsegen.
Tilman Reinecke |